Das Lipödem

 

 

Zusammenfassung:

 

Das „Lipödem“ oder „Fettödem“ ist bedingt durch eine leichte mechanische Abflußbehinderung der Lymphkapillaren, Praekollektoren und Kollektoren durch den zunehmenden Druck des sich vermehrenden Fettgewebes. Diese Lymphostase in einem normalen Lymphgefäßsystem tritt nur bei Frauen und immer symmetrisch auf und führt zu typischen Lipödembeschwerden. Dabei handelt es sich um eine rein klinische Diagnose. Therapeutisch ist neben einer Gewichtsreduktion allein die physikalische Ödemtherapie nach Asdonk, die Kombination aus manueller Lymphdrainagetherapie und Kompressionsbehandlung, dazu in der Lage, die ödembedingten Beschwerden zu beseitigen.

 

Schlüsselwörter:

Lipödem, Fettödem, Lipohypertrophie, Physikalische Ödemtherapie, Manuelle Lymphdrainagetherapie.

 

 

1940 wurde von den Amerikanern Allen und Hines der Ausdruck „Lipödem“ erstmals publiziert. Er bedeutet eine verstärkte Wassereinlagerung ins Fettgewebe. Von vielen Ärzten wird das Vorhandensein eines Lipödems bestritten, was zum Teil nicht verwunderlich ist, da auch lymphologisch erfahrene Ärzte immer wieder Lipödem und Adipositas gleichsetzen. Für diese Ärzte ist jede Form von Fettgewebsverdickung eine Adipositas und deswegen allein durch Überernährung bedingt. Diese Auffassung trifft leider auch für den größten Teil der Übergewichtigen zu, was nach meinen eigenen Beobachtungen für etwa 60% der übergewichtigen Frauen richtig ist. Bei weiteren 20% kann man jedoch feststellen, daß bei Ihnen trotz strengster Diät keine Fettgewebsverminderung möglich ist. Bei diesen Frauen besteht eine anlagebedingte (endogene) Fettgewebsvermehrung. Wenn man einem solchen Menschen, der oftmals schon seit Jahren mit einer strengen Reduktionskost lebt, rät, daß er weniger essen soll, wird er darauf mit Unverständnis und Verbitterung reagieren. Selbstverständlich gibt es auch Mischformen, bei denen eine endogene Fettgewebsvermehrung besteht, die durch eine zusätzliche alimentäre Adipositas noch verschlechtert wird. Dieses ist bei ca. 20% der betroffenen Frauen feststellbar.

 

Abb.: 1   Ursachen der Fettgewebsvermehrung bei Frauen

60 %   alimentäre Adipositas.

20 %   anlagebedingte Lipohypertrophie

20 %   Kombinationsform

 

 

 

Vielfach wird die Meinung vertreten, daß die Anzahl der Fettzellen durch die Nahrungsaufnahme in den ersten Lebensjahren bestimmt wird. Bei einer übermäßigen Ernährung würden sich die Fettzellen zu sehr vermehren, so daß später immer eine Adipositas entstehen müßte. Dazu paßt allerdings nicht, daß manchmal in der Jugend sehr schlanke Kinder im späteren Leben Übergewicht bekommen und es müßten dicke Kinder später immer übergewichtige Erwachsene werden, was aber erfahrungsgemäß auch nicht richtig ist. Meine Meinung ist, daß der Fettgewebsanteil eines Menschen im wesentlichen genetisch festgelegt ist. Wie sonst wäre es erklärbar, daß in Familien mit mehreren Töchtern häufig ein Kind übergewichtig und ein anderes schlank ist, obwohl beide mengenmäßig gleich viel essen. Natürlich ist das Ausmaß des endogenen Übergewichtes in späteren Lebensjahren durch die Menge der zugeführten Nahrungsmittel zu beeinflussen, so daß durchaus auch bei dieser Fettgewebsvermehrung eine dauernde Kostreduktion notwendig ist. Würde diese nicht durchgeführt, würde eine weitere Gewichtszunahme zwangsläufig eintreten.

 

Zum Verständnis des Lipödems müssen zuerst die unterschiedlichen Formen der Fettgewebsvermehrung definiert und dargestellt werden. Es gibt unsymmetrisch und symmetrisch auftretende Fettgewebsvermehrungen.

 

Abb.: 2   Einteilung der Fettgewebsvermehrung:

 

1. Lipom                    =          gutartige Fettgewebsgeschwulst

                                                                                                          unsymmetrisches Auftreten

   Lipomatosis                       =          multiple Lipome                              

 

2. Adipositas            =          weiche, generalisierte Fettgewebs-

                                               vermehrung des ganzen Körpers,

                                               bevorzugt am Rumpf,

3. Lipohypertrophie =          anlagebedingte Fettgewebs-                     symmetrisch

                                               vermehrung der Extremitäten        

 

4. Lipödem                =          ödematisiertes Fettgewebe

                                               bei Lipohypertrophie

 

Die unsymmetrischen Fettgewebsvermehrungen sind die Lipome, wobei es sich um rundliche, gutartige weiche Fettgewebsgeschwülste (Tumore) handelt, welche einzeln auftreten können (Abb.: 3). Finden sie sich an mehreren Körperstellen, so wird dieses Lipomatosis genannt. Diese multiplen Lipome treten prinzipiell immer asymmetrisch auf. Eine Sonderform ist der Madelung’sche Fetthals der Männer, eine ausgedehnte zervikale Lipomatosis, welche auch die Schultern und Oberarme miterfassen kann. Eine Therapie in Form einer Operation ist nur erforderlich, wenn die Lipome aus psychologischen Gründen störend sind oder zu mechanischen Behinderungen führen. Ein Lipödem kann aus einem Lipom oder einer Lipomatosis nicht entstehen.

 

Die Adipositas, bei der es sich um eine meist weiche, generalisierte Fettgewebsvermehrung (Abb.: 4) handelt, tritt grundsätzlich symmetrisch auf und befällt bevorzugt den Rumpf, oft auch die Extremitäten. Diese Fettleibigkeit, welche bei ca. 60% aller übergewichtigen Frauen besteht, ist allein durch Überernährung bedingt und kann entsprechend nur durch eine konsequente Kostreduktion beseitigt werden. Das Fettgewebe ist weich und ohne Beschwerdesymptomatik. Die Betroffenen leiden in der Regel psychisch unter der entstellenden Körperform.

Lipom, Lipomatosis und Adipositas betreffen Männer und Frauen.

 

Bei der Lipohypertrophie, der anlagebedingten Fettgewebsvermehrung, kommt es zu einer symmetrischen Verdickung der Extremitäten, wobei der Rumpf in der Regel nicht mitbetroffen ist, allenfalls bei Beinverdickungen zusätzlich das Gesäß. Das Auftreten ist immer streng symmetrisch und kann sowohl Beine als auch Arme einzeln oder beide gleichzeitig befallen. Meistens handelt es sich um eine Lipohypertrophie der Beine (Abb.: 5) und nur selten allein der Arme (Abb.: 6), etwas häufiger von Armen und Beinen zusammen. Die Lipohypertrophie befällt praktisch nur Frauen. Bei Männern kann sie nur in den seltenen Fällen eines Androgenmangels auftreten (Abb.: 7), z. B. nach beidseitiger Hodenentfernung wegen Krebs oder bei Eunuchen. Die Ursache der Lipohypertrophie ist somit ein relativer Androgenmangel. Die Lipohypertrophie beginnt frühestens mit der Pubertät, kann jedoch auch erst später bis zum Klimakterium entstehen. Diese reine Form der Lipohypertrophie wird bei 20% der übergewichtigen Patienten beobachtet.

 

Zum genaueren Verständnis dieser Fettgewebsvermehrung muß ich jedoch erwähnen, daß sie von anderen Autoren als Lipodystrophie bezeichnet wird. Dieser Ausdruck ist jedoch sprachlich nicht richtig, da eine Dystrophie meist ein Mangelsyndrom in der Medizin darstellt (das dystrophe Kind ist ein unterernährtes Kind). Der Ausdruck „Lipodystrophie“ ist außerdem für einen Fettgewebsschwund durch Insulininjektionen beim Diabetes mellitus reserviert (Abb.: 8). Aus diesem Grunde habe ich den Ausdruck „Lipohypertrophie“ geprägt, der eine Vermehrung des Fettgewebes beinhaltet.

 

Eine solche Lipohypertrophie kann eine ganze Extremität betreffen, wobei jedoch meistens Hände und Füße verdickungsfrei bleiben, sie kann jedoch auch nur die zentralen oder nur die peripheren Anteile der Extremitäten befallen. So gibt es Betroffene, bei  denen nur die Oberarme (Abb.: 9) und Oberschenkel lipohypertrophisch verdickt sind, in anderen Fällen nur die Unterschenkel oder Unterarme. Eine Sonderform der Oberschenkellipohyertrophie ist die Reithosenadipositas (fälschlich auch Cellulitis genannt), bei der nur die proximalen Oberschenkelanteile verdickt sind (Abb.: 10). Bei ausgeprägter Gesäß-Lipohypertrophie spricht man von einem „Hottentottensterz“ (Abb.: 7). Im Gegensatz zur Adipositas ist die Fettgewebsvermehrung bei der Lipohypertrophie immer dysproportioniert, da der Rumpf schlank bleibt. In ganz seltenen Fällen kommt es auch zu einer Fettgewebsvermehrung an den Fußrücken und Handrücken, wobei das Gewebe jedoch im Gegensatz zum Lymphödem immer teigig weich und nicht dellbar bleibt und es niemals zu kastenförmigen Verdickungen der Zehen kommt. Eine kausale Therapie der Lipohypertrophie ist nicht möglich, gelegentlich werden Liposuktion (Abb.: 11a+b) oder Reduktionsoperationen (Abb.: 12) durchgeführt, deren kosmetische Ergebnisse aber nicht immer überzeugen. Es ist daher wichtig, die unter der Lipohypertrophie psychisch leidende Frau so zu motivieren, daß sie bereit ist, ihre permanente Reduktionskost durchzuhalten und nicht aus Frust vermehrt zu essen, wodurch dann zu der anlagebedingten Lipohypertrophie noch eine alimentäre Adipositas hinzukommen würde. Auch eine Lymphdrainagebehandlung ist bei diesen Patienten nicht indiziert, da es sich nicht um ein Lipödem  handelt. Aus diesem Grunde wird mit der physikalischen Ödemtherapie auch keine Ödemabnahme über das physiologische Maß von ca. 400 ml je Bein hinaus zu erzielen sein. Obwohl es medizinisch nicht streng indiziert ist, verschreibe ich jedoch in manchen Fällen aus psychologischen Gründen eine Strumpfhose in Kl. II, bei Jüngeren manchmal in Kl. III, allein in der Hoffnung, daß sich durch den Druck der Kompression die Fettzellen auf die Dauer verkleinern. Aber für diese Hoffnung gibt es bisher keine eindeutigen Beweise.

 

20% der übergewichtigen Frauen haben ein Mischbild aus anlagebedingter Lipohypertrophie und alimentärer Adipositas. Auch bei diesen muß keine Beschwerdesymptomatik bestehen.

 

Das eigentliche Lipödem betrifft ebenfalls nur Frauen und kann sich nur aus der Lipohypertrophie entwickeln. Fettgewebe ist eine Sonderform des retikulären Bindegewebes. Die Fettzellen sind durch lockere Bindegewebs- und Kollagenfasern traubig als Fettläppchen angelegt, welche makroskopisch weißlich-gelblich sind. Die Fettzellen und auch die Fettläppchen werden von Blutgefäßen, Lymphgefäßen und Nervenfasern umspannt. Das Fettgewebe bei Frauen ist anders strukturiert als bei Männern. Nach Nürnberger haben Frauen sog. stehende Fettzellkammern mit senkrecht zur Hautoberfläche verlaufenden Bindegewebssepten (Abb.: 13 a+b), wogegen Männer sich überkreuzende Bindegewebsfasern in der Subkutis haben. Dadurch wird auch bei Frauen das sog. Orangenhautphänomen oder Matratzenphänomen erklärbar, was im Kneiftest für Frauen physiologisch ist. Das Auftreten einer Orangenhaut im Kneiftest (Abb.: 14) ist daher kein Hinweis darauf, daß später evtl. ein Lipödem entsteht.

 

Eine wichtige Funktion der Fettzellen ist die Regulierung des Wasserhaushaltes durch Zellquellung oder Entquellung. Weiterhin kann im Fettgewebe interstitiell Wasser gespeichert werden, was auch für das Krankheitsbild des Lipödems von Bedeutung ist.

 

Von einigen Ärzten wird eine Ödematisierung von Fettgewebe als nicht existent abgelehnt, da diese nicht eindeutig sichtbar sei. Es ist sicherlich kaum möglich, den Ödemgrad eines Gewebes zu bestimmen und klinisch nur über die Gewebsprallheit und Dellbarkeit annäherungsweise abzuschätzen. Aber aus der Beobachtung, daß bei einem Lipödem durch die physikalische Ödemtherapie eindeutig eine über das physiologische Maß hinausgehende Volumenabnahme von durchschnittlich 1000-1500 ml je Bein zu erzielen ist, ziehe ich die Schlußfolgerung, daß eine Ödematisierung des Fettgewebes vorher bestanden haben muß. Dieses zeigt sich bei Personen, bei denen die Volumenreduktion der Beine mit der Gewichtsabnahme identisch ist, so daß eine Pseudoödemabnahme durch Fettgewebsschwund infolge Hungern ausgeschlossen ist. Nach einer solchen Behandlung fällt außerdem auf, daß das Gewebe erheblich weicher wird und die Patienten geben nach einer 3-4wöchigen stationären Behandlung eine zumindest wesentliche Beschwerdeminderung, meist sogar eine Beschwerdefreiheit an. Es ist mir nicht genau bekannt, wie groß die Häufigkeit des Lipödems bei übergewichtigen Frauen ist. Ich schätze diese auf etwa 5%.

 

Das Lipödem entwickelt sich schleichend aus einer Lipohypertrophie, nachdem diese Fettgewebsvermehrung oft schon über viele Jahre bestanden hat. Dabei kommt es durch Vergrößerung der Fettzellen und Fettzellkammern zu einer mechanischen Behinderung des lymphatischen Abflusses aus den Lymphkapillaren und kleinen Sammelgefäßen zwischen den Bindegewebssepten (Abb.: 15). Dieses führt zu einer leichten bis mäßigen Lymphostase mit leichter Ödematisierung des subkutanen Bindegewebes. In einzelnen Extremfällen sind die Ödematisierungen zwischen den Fettläppchen an der Hautoberfläche durch Buckelungen erkennbar. Durch Zug an der Haut und Ausstreichen der Lymphflüssigkeit können dann diese Buckelungen zum Verschwinden gebracht werden. Die großen Lymphgefäße sind von der Lymphostase nicht betroffen und die Lymphgefäße sind allesamt anfangs normal ausgebildet. Eine Lymphographie oder auch Lymphszintigraphie ergeben daher normale Abflußverhältnisse. Im Laufe der Jahre zeigen sich jedoch leichte Veränderungen des Gewebes, die bei der indirekten Lymphographie als gefiederte bis flammenförmige Erweiterungen des interstitiellen Raumes imponieren. Laborveränderungen können beim Lipödem nicht festgestellt werden, ebenso ist die Diagnose auch nicht durch eine PE zu verifizieren, da sich das geringe Ödem im interstitiellen Gewebe bei der Gewebsfixierung verliert.

 

Bei länger bestehender Lipohypertrophie kann man also beobachten, daß bei einem Teil der Patienten dieses Fettgewebe zunehmend Beschwerden macht. Die betroffenen Frauen empfinden dann subjektiv ein Spannungs- und Schweregefühl, besonders in den Beinen, manchmal auch in den Armen und am Gesäß und haben teilweise Gehbehinderungen durch Aneinanderreiben der schmerzhaften Gewebsmassen an den Oberschenkeln innen. Bei der Untersuchung stellt man eine deutliche Prallheit und Druckschmerzhaftigkeit des Fettgewebes oft schon bei leichtem Druck fest. Dellenbildungen werden jedoch kaum beobachtet, allenfalls abends gering an den Unterschenkeln. Die Druckschmerzhaftigkeit ist zwar obligat vorhanden, jedoch sehr unterschiedlich ausgeprägt, von leicht bis stark druckschmerzhaft und nicht abhängig von der Dicke der Fettgewebsmassen. Bei den schlimmsten Formen ist schon eine leichte Berührung des Fettgewebes schmerzhaft und es heißt dann „schmerzhaftes Lipödem“, „Adipositas ödematosa“, „Adipositas dolorosa“ oder Derkumkrankheit. Manchmal ist sogar wegen der starken Druckschmerzhaftigkeit von Oberschenkel und Gesäß ein Sitzen auf harten Sitzgelegenheiten nicht mehr möglich.

 

Wie bei der Lipohypertrophie sind beim Lipödem die gleichen Formvarianten (Abb.: 16) festzustellen, wobei z. T. nur die Oberschenkel oder die Unterschenkel bis zur Unterschenkelmitte oder aber auch die gesamten Unterschenkel betroffen sind. Ebenso wie bei der Lipohypertrophie sind in der Regel Füße und Hände beschwerdefrei und nicht ödematisiert. Wenn nur Oberarme und Oberschenkel betroffen sind, nennen wir es ein stammnahes oder zentrales Lipödem. In Bezug auf die Druckschmerzhaftigkeit des Gewebes gibt es bestimmte Prädilektionsstellen, wobei besonders die Oberschenkelvorderseiten, die Knieinnenseiten und die Region oberhalb der Knöchel am stärksten betroffen sind. An den Armes sind es besonders die Oberarmhängefalten, welche durch eine ausgeprägte Druckschmerzhaftigkeit auffallen.

 

Beim Lipödem gibt es eine seltene Formvariante, welche bei extremem Hungern entsteht. Dabei kommt es zu einem völligen Fettgewebsverlust an Rumpf und Gesicht mit weiter bestehender Verdickung der Beine. Diese Formvariante nenne ich ein „Lipohypertrophie-Lipodystrophie-Syndrom“ (Abb.: 17). Dabei bezieht sich die Lipohypertrophie auf die Beine und die Lipodystrophie auf den Rumpf. Trotz extremer Reduktionskost bestehen bei diesen Patienten unverändert Spannungsgefühle der Beine mit Druckschmerzhaftigkeit. Dieses Krankheitsbild beweist uns außerdem ganz eindeutig, daß man eine Lipohypertrophie und auch ein Lipödem durch Hungern allein nicht sicher beseitigen kann. Es wird in der Literatur als „Lipodystrophie paradoxa“ oder als „Lipodystrophia progressiva“ bezeichnet. Diese Namen sind allerdings unglücklich, da sie den Fettschwund am Rumpf als pathologisch ansehen, wobei in Wirklichkeit die Fettgewebsvermehrung an den Beinen und am Gesäß das Krankhafte ist.

 

Gelegentlich tritt das Lipödem in Kombination mit einem primären Lymphödem auf, was dann ein Lip-Lymphödem ist. Häufig tritt das Lipödem der Beine mit einem zusätzlichen Phlebödem kombiniert auf, da durch die Gewebsvermehrungen an den Beinen das Thromboserisiko deutlich erhöht ist, so daß infolge Thrombose und Thrombophlebitiden eine venöse Abflußbehinderung zusätzlich mit Ödematisierung auch an den Füßen und Unterschenkeln auftritt. Hier sind es die Varikosis sowie die Blau- und Braunverfärbung der Unterschenkel, welche auf die zusätzliche venöse Komponente hinweisen.

 

Differentialdiagnostisch muß vom Lipödem bei geringer Ausprägung noch das symmetrische Lymphödem der Beine, ein idiopathisches Ödem bei Adipositas und das orthostatische Ödem der Beine bei Adipositas abgegrenzt werden. Beim idiopathischen Ödem in Verbindung mit Adipositas treten typische morgendliche Schwellungen der Hände und des Gesichtes auf, beim orthostatischen Ödem bei Adipositas nur belastungsabhängige Spannungsgefühle in den Unterschenkeln, welche bei fehlender Arbeitsbelastung am Wochenende und in den Ferien nicht auftreten. Das Lipödem dagegen ist in seinen Beschwerden unabhängig von Ferienzeit oder Wochenende.

 

Therapie des Lipödems:

Bei der Behandlung des Lipödems hat sie die physikalische Ödemtherapie, welche aus der Kombination von manueller Lymphdrainagetherapie nach Vodder-Asdonk und der Kompressionsbehandlung besteht, bestens bewährt. Seit 22 Jahren behandeln wir in der Feldbergklinik dieses Krankheitsbild mit dieser Therapie und können auf viele Tausend zufriedener Patientinnen verweisen. Die Lymphdrainagetherapie wird dabei an den befallenen Extremitäten durchgeführt, nachdem vorher eine kurze Abflußbehandlung vorausging. Die Griffe müssen dabei relativ schonend durchgeführt werden, also mit geringem Druck, da das Lipödem nicht nur schmerzhaft ist, sondern auch zur Hämatombildung neigt. Im Anschluß an eine solche Behandlung wird eine mäßig stramme Kompressionsbandagierung mit Kurzzugbinden angelegt, welche ganztags verbleibt und erst zur Nacht abgewickelt wird. Nach maximaler Ödemabnahme, meist nach 3-4 Wochen, kann dann eine Kompr.-Bestrumpfung nach Maß in Kompr.-Klasse II angepasst werdendie der Patient dann tagsüber dauernd tragen muß. In Extremfällen mit Befall von Armen und Beinen kommen gelegentlich auch Bandagierungen und Bestrumpfungen von Armen und Beinen in Frage.

 

Aus der Akzeptanz dieser Kompr.-Bestrumpfungen ist auch ein Rückschluß auf die Beschwerdesymptomatik durch das Lipödem möglich. Patientinnen, die tatsächlich deutliche Lipödembeschwerden haben, empfinden die Kompressionsbestrumpfungen als sehr angenehm und der Verzicht darauf wird mit einer Beschwerdeverstärkung einhergehen. Patienten, die jedoch eher eine Lipohypertrophie haben und ihre Beschwerden agravierend darstellen, werden durch eine solche Bestrumpfung keine wesentliche Erleichterung finden und die Bestrumpfung daher nicht konsequent tragen.

 

Expressionsgerätbehandlungen sind bei Lipödemen prinzipiell möglich, können jedoch wegen der starken Druckschmerzhaftigkeit nur mit relativ niedrigem Druck (ca. 50 mm Hg) durchgeführt werden und sind daher nicht sehr effektiv. Die betroffenen Patienten profitieren weitaus mehr von der manuellen Lymphdrainagetherapie und der Kompressionsbandagierung oder -bestrumpfung.

 

Die Therapieergebnisse nach mehrwöchiger stationärer Behandlung in unserer lymphologischen Klinik ergaben in 82% der Fälle ein völliges Verschwinden der Lipödembeschwerden, bei 16% bestanden noch leichte Restbeschwerden und nur 2 % gaben keine Beschwerdelinderung an (Simulierte Lipödeme? Beinneurosen?).

 

Auch nach Abschluß der stationären Behandlung ist häufig eine ambulante Lymphdrainagetherapie weiterhin notwendig, da es sonst zu einer erneuten Krankheitsverschlechterung kommen kann. Aus Erfahrung hat sich eine 1-2 x wöchentliche Lymphdrainagebehandlung als Ganzbehandlung als sinnvoll erwiesen, wobei diese in der kalten Jahreszeit meist 1 x wchtl. und in der warmen Jahreszeit 2 x wchtl. notwendig ist. Eine medikamentöse Behandlung des Lipödems ist nicht möglich, auch nicht durch Diuretika.

 


Literatur:

1.      Allen, E. U.; Hines, E. A. 1940: Lipedema of the legs: A syndrom

          characterized by fat legs and orthostatic edeman. Proc. Staff. Mayo

          Clin. 15, 184-187

 

2.      Brunner, U. (1982): Vaskuläre Erkrankungen bei Lipödem der Beine. Schweiz. med. Wschr. 112, 1130-1137

 

3.      Schmitz, R. Das Lipödem in differentialdiagnostischer und therapeutischer

          Sicht. Z. Hautkr 72 (2): 146-1^57

 

4.      Schmitz, R. (1980): Lipödem ­ das dicke Bein der gsunden Frau. Phlebol.

          u. Proktol. 9, 81-85

 

5.      Stenger, D.; Bahmer, F. A. (1985): Das Lipödem. Eine wenig geläufige

          Form der symmetrischen Beinschwellung. Akt. Dermatol. 11, 51-54


Summery:

The „Lipedema“ or „Fatedema“ ist conditioned by a slight mechanical obstruction of the small lymphatic vessels by the increasing pressur of the growing fat tissue. This lymphostasis in a normal lymphatic vessels system avises only with women and always symmetrically an conducts to typical complaints. Therapeutic is apart from loss in weight only lymph drainage therapy is in a position o remove the complaints of edema.

 

Key words:

Lipedema, Fatedema, Lipohypertrophy, Physical edema therapy, Manual lymph drainage therapy.