Das Lipödem
Das
„Lipödem“ oder „Fettödem“ ist bedingt durch eine leichte mechanische
Abflußbehinderung der Lymphkapillaren, Praekollektoren und Kollektoren durch
den zunehmenden Druck des sich vermehrenden Fettgewebes. Diese Lymphostase in
einem normalen Lymphgefäßsystem tritt nur bei Frauen und immer symmetrisch auf
und führt zu typischen Lipödembeschwerden. Dabei handelt es sich um eine rein
klinische Diagnose. Therapeutisch ist neben einer Gewichtsreduktion allein die
physikalische Ödemtherapie nach Asdonk, die Kombination aus manueller
Lymphdrainagetherapie und Kompressionsbehandlung, dazu in der Lage, die
ödembedingten Beschwerden zu beseitigen.
Lipödem,
Fettödem, Lipohypertrophie, Physikalische Ödemtherapie, Manuelle
Lymphdrainagetherapie.
1940 wurde
von den Amerikanern Allen und Hines der Ausdruck „Lipödem“ erstmals publiziert.
Er bedeutet eine verstärkte Wassereinlagerung ins Fettgewebe. Von vielen Ärzten
wird das Vorhandensein eines Lipödems bestritten, was zum Teil nicht
verwunderlich ist, da auch lymphologisch erfahrene Ärzte immer wieder Lipödem
und Adipositas gleichsetzen. Für diese Ärzte ist jede Form von
Fettgewebsverdickung eine Adipositas und deswegen allein durch Überernährung
bedingt. Diese Auffassung trifft leider auch für den größten Teil der
Übergewichtigen zu, was nach meinen eigenen Beobachtungen für etwa 60% der
übergewichtigen Frauen richtig ist. Bei weiteren 20% kann man jedoch
feststellen, daß bei Ihnen trotz strengster Diät keine Fettgewebsverminderung
möglich ist. Bei diesen Frauen besteht eine anlagebedingte (endogene)
Fettgewebsvermehrung. Wenn man einem solchen Menschen, der oftmals schon seit
Jahren mit einer strengen Reduktionskost lebt, rät, daß er weniger essen soll,
wird er darauf mit Unverständnis und Verbitterung reagieren. Selbstverständlich
gibt es auch Mischformen, bei denen eine endogene Fettgewebsvermehrung besteht,
die durch eine zusätzliche alimentäre Adipositas noch verschlechtert wird.
Dieses ist bei ca. 20% der betroffenen Frauen feststellbar.
Abb.: 1 Ursachen der Fettgewebsvermehrung bei
Frauen
60 % alimentäre Adipositas.
20 % anlagebedingte Lipohypertrophie
20 % Kombinationsform
Vielfach
wird die Meinung vertreten, daß die Anzahl der Fettzellen durch die Nahrungsaufnahme
in den ersten Lebensjahren bestimmt wird. Bei einer übermäßigen Ernährung
würden sich die Fettzellen zu sehr vermehren, so daß später immer eine
Adipositas entstehen müßte. Dazu paßt allerdings nicht, daß manchmal in der
Jugend sehr schlanke Kinder im späteren Leben Übergewicht bekommen und es
müßten dicke Kinder später immer übergewichtige Erwachsene werden, was aber
erfahrungsgemäß auch nicht richtig ist. Meine Meinung ist, daß der
Fettgewebsanteil eines Menschen im wesentlichen genetisch festgelegt ist. Wie
sonst wäre es erklärbar, daß in Familien mit mehreren Töchtern häufig ein Kind
übergewichtig und ein anderes schlank ist, obwohl beide mengenmäßig gleich viel
essen. Natürlich ist das Ausmaß des endogenen Übergewichtes in späteren
Lebensjahren durch die Menge der zugeführten Nahrungsmittel zu beeinflussen, so
daß durchaus auch bei dieser Fettgewebsvermehrung eine dauernde Kostreduktion
notwendig ist. Würde diese nicht durchgeführt, würde eine weitere
Gewichtszunahme zwangsläufig eintreten.
Zum Verständnis
des Lipödems müssen zuerst die unterschiedlichen Formen der
Fettgewebsvermehrung definiert und dargestellt werden. Es gibt unsymmetrisch
und symmetrisch auftretende Fettgewebsvermehrungen.
Abb.: 2 Einteilung der Fettgewebsvermehrung:
1. Lipom = gutartige Fettgewebsgeschwulst
unsymmetrisches
Auftreten
Lipomatosis = multiple Lipome
2.
Adipositas = weiche, generalisierte Fettgewebs-
vermehrung
des ganzen Körpers,
bevorzugt
am Rumpf,
3.
Lipohypertrophie = anlagebedingte Fettgewebs- symmetrisch
vermehrung
der Extremitäten
4. Lipödem = ödematisiertes Fettgewebe
bei
Lipohypertrophie
Die
unsymmetrischen Fettgewebsvermehrungen sind die Lipome, wobei es sich um rundliche, gutartige weiche
Fettgewebsgeschwülste (Tumore) handelt, welche einzeln auftreten können (Abb.:
3). Finden sie sich an mehreren Körperstellen, so wird dieses Lipomatosis genannt. Diese
multiplen Lipome treten prinzipiell immer asymmetrisch auf. Eine Sonderform ist
der Madelung’sche Fetthals der Männer, eine ausgedehnte zervikale Lipomatosis,
welche auch die Schultern und Oberarme miterfassen kann. Eine Therapie in Form
einer Operation ist nur erforderlich, wenn die Lipome aus psychologischen
Gründen störend sind oder zu mechanischen Behinderungen führen. Ein Lipödem
kann aus einem Lipom oder einer Lipomatosis nicht entstehen.
Die Adipositas, bei der es sich um
eine meist weiche, generalisierte Fettgewebsvermehrung (Abb.: 4) handelt, tritt
grundsätzlich symmetrisch auf und befällt bevorzugt den Rumpf, oft auch die
Extremitäten. Diese Fettleibigkeit, welche bei ca. 60% aller übergewichtigen
Frauen besteht, ist allein durch Überernährung bedingt und kann entsprechend
nur durch eine konsequente Kostreduktion beseitigt werden. Das Fettgewebe ist
weich und ohne Beschwerdesymptomatik. Die Betroffenen leiden in der Regel
psychisch unter der entstellenden Körperform.
Lipom,
Lipomatosis und Adipositas betreffen Männer und Frauen.
Bei der Lipohypertrophie, der
anlagebedingten Fettgewebsvermehrung, kommt es zu einer symmetrischen
Verdickung der Extremitäten, wobei der Rumpf in der Regel nicht mitbetroffen
ist, allenfalls bei Beinverdickungen zusätzlich das Gesäß. Das Auftreten ist
immer streng symmetrisch und kann sowohl Beine als auch Arme einzeln oder beide
gleichzeitig befallen. Meistens handelt es sich um eine Lipohypertrophie der
Beine (Abb.: 5) und nur selten allein der Arme (Abb.: 6), etwas häufiger von
Armen und Beinen zusammen. Die Lipohypertrophie befällt praktisch nur Frauen.
Bei Männern kann sie nur in den seltenen Fällen eines Androgenmangels auftreten
(Abb.: 7), z. B. nach beidseitiger Hodenentfernung wegen Krebs oder bei
Eunuchen. Die Ursache der Lipohypertrophie ist somit ein relativer
Androgenmangel. Die Lipohypertrophie beginnt frühestens mit der Pubertät, kann
jedoch auch erst später bis zum Klimakterium entstehen. Diese reine Form der
Lipohypertrophie wird bei 20% der übergewichtigen Patienten beobachtet.
Zum
genaueren Verständnis dieser Fettgewebsvermehrung muß ich jedoch erwähnen, daß
sie von anderen Autoren als Lipodystrophie
bezeichnet wird. Dieser Ausdruck ist jedoch sprachlich nicht richtig, da eine
Dystrophie meist ein Mangelsyndrom in der Medizin darstellt (das dystrophe Kind
ist ein unterernährtes Kind). Der Ausdruck „Lipodystrophie“ ist außerdem für
einen Fettgewebsschwund durch Insulininjektionen beim Diabetes mellitus
reserviert (Abb.: 8). Aus diesem Grunde habe ich den Ausdruck
„Lipohypertrophie“ geprägt, der eine Vermehrung des Fettgewebes beinhaltet.
Eine
solche Lipohypertrophie kann eine ganze Extremität betreffen, wobei
jedoch meistens Hände und Füße verdickungsfrei bleiben, sie kann jedoch auch
nur die zentralen oder nur die peripheren Anteile der Extremitäten befallen. So
gibt es Betroffene, bei denen nur die
Oberarme (Abb.: 9) und Oberschenkel lipohypertrophisch verdickt sind, in
anderen Fällen nur die Unterschenkel oder Unterarme. Eine Sonderform der
Oberschenkellipohyertrophie ist die Reithosenadipositas (fälschlich auch
Cellulitis genannt), bei der nur die proximalen Oberschenkelanteile verdickt
sind (Abb.: 10). Bei ausgeprägter Gesäß-Lipohypertrophie spricht man von einem
„Hottentottensterz“ (Abb.: 7). Im Gegensatz zur Adipositas ist die
Fettgewebsvermehrung bei der Lipohypertrophie immer dysproportioniert, da der
Rumpf schlank bleibt. In ganz seltenen Fällen kommt es auch zu einer
Fettgewebsvermehrung an den Fußrücken und Handrücken, wobei das Gewebe jedoch
im Gegensatz zum Lymphödem immer teigig weich und nicht dellbar bleibt und es
niemals zu kastenförmigen Verdickungen der Zehen kommt. Eine kausale Therapie
der Lipohypertrophie ist nicht möglich, gelegentlich werden Liposuktion (Abb.:
11a+b) oder Reduktionsoperationen (Abb.: 12) durchgeführt, deren kosmetische
Ergebnisse aber nicht immer überzeugen. Es ist daher wichtig, die unter der
Lipohypertrophie psychisch leidende Frau so zu motivieren, daß sie bereit ist,
ihre permanente Reduktionskost durchzuhalten und nicht aus Frust vermehrt zu
essen, wodurch dann zu der anlagebedingten Lipohypertrophie noch eine
alimentäre Adipositas hinzukommen würde. Auch eine Lymphdrainagebehandlung ist
bei diesen Patienten nicht indiziert, da es sich nicht um ein Lipödem handelt. Aus diesem Grunde wird mit der
physikalischen Ödemtherapie auch keine Ödemabnahme über das physiologische Maß
von ca. 400 ml je Bein hinaus zu erzielen sein. Obwohl es medizinisch nicht
streng indiziert ist, verschreibe ich jedoch in manchen Fällen aus
psychologischen Gründen eine Strumpfhose in Kl. II, bei Jüngeren manchmal in
Kl. III, allein in der Hoffnung, daß sich durch den Druck der Kompression die
Fettzellen auf die Dauer verkleinern. Aber für diese Hoffnung gibt es bisher
keine eindeutigen Beweise.
20% der
übergewichtigen Frauen haben ein Mischbild
aus anlagebedingter Lipohypertrophie und alimentärer Adipositas. Auch bei
diesen muß keine Beschwerdesymptomatik bestehen.
Das
eigentliche Lipödem betrifft
ebenfalls nur Frauen und kann sich nur aus der Lipohypertrophie entwickeln.
Fettgewebe ist eine Sonderform des retikulären Bindegewebes. Die Fettzellen sind
durch lockere Bindegewebs- und Kollagenfasern traubig als Fettläppchen
angelegt, welche makroskopisch weißlich-gelblich sind. Die Fettzellen und auch
die Fettläppchen werden von Blutgefäßen, Lymphgefäßen und Nervenfasern
umspannt. Das Fettgewebe bei Frauen ist anders strukturiert als bei Männern.
Nach Nürnberger haben Frauen sog. stehende Fettzellkammern mit senkrecht zur
Hautoberfläche verlaufenden Bindegewebssepten (Abb.: 13 a+b), wogegen Männer
sich überkreuzende Bindegewebsfasern in der Subkutis haben. Dadurch wird auch
bei Frauen das sog. Orangenhautphänomen
oder Matratzenphänomen erklärbar, was im Kneiftest für Frauen physiologisch
ist. Das Auftreten einer Orangenhaut im Kneiftest (Abb.: 14) ist daher kein
Hinweis darauf, daß später evtl. ein Lipödem entsteht.
Eine
wichtige Funktion der Fettzellen ist die Regulierung des Wasserhaushaltes durch
Zellquellung oder Entquellung. Weiterhin kann im Fettgewebe interstitiell
Wasser gespeichert werden, was auch für das Krankheitsbild des Lipödems von
Bedeutung ist.
Von
einigen Ärzten wird eine Ödematisierung von Fettgewebe als nicht existent
abgelehnt, da diese nicht eindeutig sichtbar sei. Es ist sicherlich kaum
möglich, den Ödemgrad eines Gewebes zu bestimmen und klinisch nur über die
Gewebsprallheit und Dellbarkeit annäherungsweise abzuschätzen. Aber aus der
Beobachtung, daß bei einem Lipödem durch die physikalische Ödemtherapie
eindeutig eine über das physiologische Maß hinausgehende Volumenabnahme von
durchschnittlich 1000-1500 ml je Bein zu erzielen ist, ziehe ich die
Schlußfolgerung, daß eine Ödematisierung des Fettgewebes vorher bestanden haben
muß. Dieses zeigt sich bei Personen, bei denen die Volumenreduktion der Beine
mit der Gewichtsabnahme identisch ist, so daß eine Pseudoödemabnahme durch
Fettgewebsschwund infolge Hungern ausgeschlossen ist. Nach einer solchen
Behandlung fällt außerdem auf, daß das Gewebe erheblich weicher wird und die
Patienten geben nach einer 3-4wöchigen stationären Behandlung eine zumindest
wesentliche Beschwerdeminderung, meist sogar eine Beschwerdefreiheit an. Es ist
mir nicht genau bekannt, wie groß die Häufigkeit des Lipödems bei
übergewichtigen Frauen ist. Ich schätze diese auf etwa 5%.
Das
Lipödem entwickelt sich schleichend aus einer Lipohypertrophie, nachdem diese
Fettgewebsvermehrung oft schon über viele Jahre bestanden hat. Dabei kommt es
durch Vergrößerung der Fettzellen und Fettzellkammern zu einer mechanischen
Behinderung des lymphatischen Abflusses aus den Lymphkapillaren und kleinen
Sammelgefäßen zwischen den Bindegewebssepten (Abb.: 15). Dieses führt zu einer
leichten bis mäßigen Lymphostase mit leichter Ödematisierung des subkutanen
Bindegewebes. In einzelnen Extremfällen sind die Ödematisierungen zwischen den
Fettläppchen an der Hautoberfläche durch Buckelungen erkennbar. Durch Zug an
der Haut und Ausstreichen der Lymphflüssigkeit können dann diese Buckelungen
zum Verschwinden gebracht werden. Die großen Lymphgefäße sind von der
Lymphostase nicht betroffen und die Lymphgefäße sind allesamt anfangs normal
ausgebildet. Eine Lymphographie oder auch Lymphszintigraphie ergeben daher
normale Abflußverhältnisse. Im Laufe der Jahre zeigen sich jedoch leichte
Veränderungen des Gewebes, die bei der indirekten Lymphographie als gefiederte
bis flammenförmige Erweiterungen des interstitiellen Raumes imponieren.
Laborveränderungen können beim Lipödem nicht festgestellt werden, ebenso ist
die Diagnose auch nicht durch eine PE zu verifizieren, da sich das geringe Ödem
im interstitiellen Gewebe bei der Gewebsfixierung verliert.
Bei länger
bestehender Lipohypertrophie kann man also beobachten, daß bei einem Teil der
Patienten dieses Fettgewebe zunehmend Beschwerden macht. Die betroffenen Frauen
empfinden dann subjektiv ein Spannungs- und Schweregefühl, besonders in den
Beinen, manchmal auch in den Armen und am Gesäß und haben teilweise
Gehbehinderungen durch Aneinanderreiben der schmerzhaften Gewebsmassen an den
Oberschenkeln innen. Bei der Untersuchung stellt man eine deutliche Prallheit
und Druckschmerzhaftigkeit des Fettgewebes oft schon bei leichtem Druck fest.
Dellenbildungen werden jedoch kaum beobachtet, allenfalls abends gering an den
Unterschenkeln. Die Druckschmerzhaftigkeit ist zwar obligat vorhanden, jedoch
sehr unterschiedlich ausgeprägt, von leicht bis stark druckschmerzhaft und
nicht abhängig von der Dicke der Fettgewebsmassen. Bei den schlimmsten Formen
ist schon eine leichte Berührung des Fettgewebes schmerzhaft und es heißt dann
„schmerzhaftes Lipödem“, „Adipositas ödematosa“, „Adipositas dolorosa“ oder
Derkumkrankheit. Manchmal ist sogar wegen der starken Druckschmerzhaftigkeit
von Oberschenkel und Gesäß ein Sitzen auf harten Sitzgelegenheiten nicht mehr
möglich.
Wie bei
der Lipohypertrophie sind beim Lipödem die gleichen Formvarianten (Abb.: 16)
festzustellen, wobei z. T. nur die Oberschenkel oder die Unterschenkel bis zur
Unterschenkelmitte oder aber auch die gesamten Unterschenkel betroffen sind.
Ebenso wie bei der Lipohypertrophie sind in der Regel Füße und Hände
beschwerdefrei und nicht ödematisiert. Wenn nur Oberarme und Oberschenkel
betroffen sind, nennen wir es ein stammnahes oder zentrales Lipödem. In Bezug auf die Druckschmerzhaftigkeit
des Gewebes gibt es bestimmte Prädilektionsstellen, wobei besonders die
Oberschenkelvorderseiten, die Knieinnenseiten und die Region oberhalb der
Knöchel am stärksten betroffen sind. An den Armes sind es besonders die
Oberarmhängefalten, welche durch eine ausgeprägte Druckschmerzhaftigkeit
auffallen.
Beim
Lipödem gibt es eine seltene Formvariante, welche bei extremem Hungern
entsteht. Dabei kommt es zu einem völligen Fettgewebsverlust an Rumpf und
Gesicht mit weiter bestehender Verdickung der Beine. Diese Formvariante nenne
ich ein „Lipohypertrophie-Lipodystrophie-Syndrom“
(Abb.: 17). Dabei bezieht sich die Lipohypertrophie auf die Beine und die
Lipodystrophie auf den Rumpf. Trotz extremer Reduktionskost bestehen bei diesen
Patienten unverändert Spannungsgefühle der Beine mit Druckschmerzhaftigkeit.
Dieses Krankheitsbild beweist uns außerdem ganz eindeutig, daß man eine Lipohypertrophie
und auch ein Lipödem durch Hungern allein nicht sicher beseitigen kann. Es wird
in der Literatur als „Lipodystrophie paradoxa“ oder als „Lipodystrophia
progressiva“ bezeichnet. Diese Namen sind allerdings unglücklich, da sie den
Fettschwund am Rumpf als pathologisch ansehen, wobei in Wirklichkeit die
Fettgewebsvermehrung an den Beinen und am Gesäß das Krankhafte ist.
Gelegentlich
tritt das Lipödem in Kombination mit einem primären Lymphödem auf, was dann ein
Lip-Lymphödem ist. Häufig tritt das Lipödem der Beine mit einem zusätzlichen
Phlebödem kombiniert auf, da durch die Gewebsvermehrungen an den Beinen das
Thromboserisiko deutlich erhöht ist, so daß infolge Thrombose und
Thrombophlebitiden eine venöse Abflußbehinderung zusätzlich mit Ödematisierung
auch an den Füßen und Unterschenkeln auftritt. Hier sind es die Varikosis sowie
die Blau- und Braunverfärbung der Unterschenkel, welche auf die zusätzliche
venöse Komponente hinweisen.
Differentialdiagnostisch
muß vom Lipödem bei geringer Ausprägung noch das symmetrische Lymphödem der
Beine, ein idiopathisches Ödem bei Adipositas und das orthostatische Ödem der
Beine bei Adipositas abgegrenzt werden. Beim idiopathischen Ödem in Verbindung
mit Adipositas treten typische morgendliche Schwellungen der Hände und des
Gesichtes auf, beim orthostatischen Ödem bei Adipositas nur belastungsabhängige
Spannungsgefühle in den Unterschenkeln, welche bei fehlender Arbeitsbelastung
am Wochenende und in den Ferien nicht auftreten. Das Lipödem dagegen ist in
seinen Beschwerden unabhängig von Ferienzeit oder Wochenende.
Therapie
des Lipödems:
Bei der
Behandlung des Lipödems hat sie die physikalische Ödemtherapie, welche aus der
Kombination von manueller Lymphdrainagetherapie nach Vodder-Asdonk und der
Kompressionsbehandlung besteht, bestens bewährt. Seit 22 Jahren behandeln wir
in der Feldbergklinik dieses Krankheitsbild mit dieser Therapie und können auf
viele Tausend zufriedener Patientinnen verweisen. Die Lymphdrainagetherapie
wird dabei an den befallenen Extremitäten durchgeführt, nachdem vorher eine
kurze Abflußbehandlung vorausging. Die Griffe müssen dabei relativ schonend
durchgeführt werden, also mit geringem Druck, da das Lipödem nicht nur
schmerzhaft ist, sondern auch zur Hämatombildung neigt. Im Anschluß an eine
solche Behandlung wird eine mäßig stramme Kompressionsbandagierung mit
Kurzzugbinden angelegt, welche ganztags verbleibt und erst zur Nacht
abgewickelt wird. Nach maximaler Ödemabnahme, meist nach 3-4 Wochen, kann dann
eine Kompr.-Bestrumpfung nach Maß in Kompr.-Klasse II angepasst werdendie der
Patient dann tagsüber dauernd tragen muß. In Extremfällen mit Befall von Armen
und Beinen kommen gelegentlich auch Bandagierungen und Bestrumpfungen von Armen
und Beinen in Frage.
Aus der
Akzeptanz dieser Kompr.-Bestrumpfungen ist auch ein Rückschluß auf die
Beschwerdesymptomatik durch das Lipödem möglich. Patientinnen, die tatsächlich
deutliche Lipödembeschwerden haben, empfinden die Kompressionsbestrumpfungen
als sehr angenehm und der Verzicht darauf wird mit einer Beschwerdeverstärkung
einhergehen. Patienten, die jedoch eher eine Lipohypertrophie haben und ihre
Beschwerden agravierend darstellen, werden durch eine solche Bestrumpfung keine
wesentliche Erleichterung finden und die Bestrumpfung daher nicht konsequent
tragen.
Expressionsgerätbehandlungen
sind bei Lipödemen prinzipiell möglich, können jedoch wegen der starken
Druckschmerzhaftigkeit nur mit relativ niedrigem Druck (ca. 50 mm Hg)
durchgeführt werden und sind daher nicht sehr effektiv. Die betroffenen
Patienten profitieren weitaus mehr von der manuellen Lymphdrainagetherapie und
der Kompressionsbandagierung oder -bestrumpfung.
Die
Therapieergebnisse nach mehrwöchiger stationärer Behandlung in unserer
lymphologischen Klinik ergaben in 82% der Fälle ein völliges Verschwinden der
Lipödembeschwerden, bei 16% bestanden noch leichte Restbeschwerden und nur 2 %
gaben keine Beschwerdelinderung an (Simulierte Lipödeme? Beinneurosen?).
Auch nach
Abschluß der stationären Behandlung ist häufig eine ambulante
Lymphdrainagetherapie weiterhin notwendig, da es sonst zu einer erneuten
Krankheitsverschlechterung kommen kann. Aus Erfahrung hat sich eine 1-2 x
wöchentliche Lymphdrainagebehandlung als Ganzbehandlung als sinnvoll erwiesen,
wobei diese in der kalten Jahreszeit meist 1 x wchtl. und in der warmen
Jahreszeit 2 x wchtl. notwendig ist. Eine medikamentöse Behandlung des Lipödems
ist nicht möglich, auch nicht durch Diuretika.
Literatur:
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D.; Bahmer, F. A. (1985): Das Lipödem. Eine wenig geläufige
Form
der symmetrischen Beinschwellung. Akt. Dermatol. 11, 51-54
Summery:
The
„Lipedema“ or „Fatedema“ ist conditioned by a slight mechanical obstruction of
the small lymphatic vessels by the increasing pressur of the growing fat
tissue. This lymphostasis in a normal lymphatic vessels system avises only with
women and always symmetrically an conducts to typical complaints. Therapeutic
is apart from loss in weight only lymph drainage therapy is in a position o
remove the complaints of edema.
Key words:
Lipedema,
Fatedema, Lipohypertrophy, Physical edema therapy, Manual lymph drainage
therapy.